Seit Oktober testen TÜV Rheinland, der Energieversorger GVG Rhein-Erft und die Rheinische NETZgesellschaft (RNG) als regionaler Netzbetreiber in Erftstadt, wie sich die Beimischung von 20 Volumenprozent Wasserstoff im Gasnetz auswirkt. Zwischenbilanz: Sämtliche angeschlossenen Gasverbrauchseinrichtungen laufen zu 100 Prozent störungsfrei. Die Bürgerinnen und Bürger sowie das angeschlossene Gewerbe konnten über die gesamte Heizperiode hinweg ihre Geräte wie gewohnt nutzen. Diese mussten für das veränderte Gasgemisch nicht umgestellt werden. Auch hatte die veränderte Zusammensetzung des Gasgemisches keine Auswirkungen auf die Dichtigkeit des Gasnetzes. Der Feldtest soll noch bis Ende Dezember andauern; insgesamt nehmen 100 Haushalte aus den Stadtteilen Niederberg, Borr und Friesheim daran teil.

„Bisher ist das deutsche Gasnetz nur für eine Beimischung von 10 Volumenprozent Wasserstoff zugelassen. Der aktuelle Test bestätigt: Sowohl das Gasnetz als auch die angeschlossenen Gasverbrauchseinrichtungen vertragen eine doppelt so hohe Beimischung an Wasserstoff“, erklärt Projektmanager Reiner Verbert von TÜV Rheinland. Weitere Besonderheit: Es ist deutschlandweit der erste Test dieser Art, der in einem L-Gasnetz durchgeführt wird. Weite Teile Westdeutschlands werden noch mit sogenanntem L-Gas versorgt, das sich in seiner Beschaffenheit und Herkunft von sogenanntem H-Gas unterscheidet. 

Niederberg, Borr und das Gewerbegebiet Friesheim eignen sich besonders gut für einen Feldtest dieser Art. Der Grund: Das rund neun Kilometer lange Netz wurde erst 2007 errichtet und ist damit technisch auf einem sehr modernen Stand. Mit seinen Hausanschluss- und Verteilleitungen lässt es sich zudem sehr gut überwachen. Sowohl Netztopologie als auch Gerätetechnik der Testhaushalte eignen sich besonders gut für eine repräsentative Ergebnisauswertung, die sich auf andere Gebiete übertragen lässt.

Power to Gas: Gasnetz als Speicherlösung für Erneuerbare Energien
„Die positive Zwischenbilanz des Feldtests ist eine gute Nachricht für die Energiewende“, ergänzt Reiner Verbert. „Denn das bestehende Erdgasnetz stellt einen idealen Speicher für klimaneutrale Gase wie Grünen Wasserstoff dar. So könnte beispielsweise Grünstrom, der in wind- und sonnenreichen Zeiten auf Grund drohender Netzüberlastung bisher nicht ins Netz eingespeist wird, mittels Elektrolyse vermehrt in Grünen Wasserstoff umgewandelt und im bestehenden Gasnetz eingespeichert werden.“ Im Fachjargon wird dies Power to Gas genannt. Allein in Deutschland gibt es 500.000 Kilometer Gasnetz. Neben dem Wind- und Photovoltaik-Ausbau sowie Wärmepumpeninstallationen könnte mittels Power to Gas auch das bestehende Gasnetz einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Bisher steht besonders die Stromerzeugung im Fokus der Energiewende. Dabei kann Grüner Wasserstoff auch wesentlich zu einer Dekarbonisierung des Wärmebereichs beitragen. Um die technischen Möglichkeiten von Power to Gas weiter auszuloten, plant TÜV Rheinland aktuell, in geeigneten Gasnetzen eine Wasserstoffbeimischung von bis zu 30 Volumenprozent Wasserstoff zu testen.

Schrittweise Erhöhung des Wasserstoffanteils
Die Fachleute von TÜV Rheinland, der GVG Rhein-Erft und der RNG haben den Wasserstoff im Testgebiet in Erftstadt in mehreren Stufen beigemischt: Zunächst mischten sie dem Erdgas 10 Prozent Wasserstoff bei, nach vier Wochen erhöhten sie den Anteil schrittweise auf 15 Prozent und seit Oktober 2022 läuft das Gasnetz mit 20 Prozent Wasserstoffbeimischung. „Im Vorfeld haben wir alle Gasverbrauchseinrichtungen im Testgebiet mit einem Prüfgas beaufschlagt, welches einen Anteil von 23 Volumenprozent Wasserstoff enthält. Dadurch haben wir die Eignung jedes einzelnen Gasgerätes im Projektgebiet sichergestellt“, erklärt der Projektleiter Herr Michael Thys (GVG). „Im weiteren Verlauf des Projektes wurden an ausgewählten Referenzgeräten Stichprobenmessungen durchgeführt, um die Verbrennungsgüte der Geräte direkt vor Ort zu beurteilen, je nach beigemischtem Wasserstoffanteil. Zudem sind bei ausgewählten Haushalten spezielle Messgeräte des Schweizer Unternehmens MEMS AG verbaut worden, über welche der Wasserstoffgehalt des Gasgemischs vor Ort beim Endkunden kontinuierlich überwacht werden kann“, ergänzt Felix Schönwald, von der RNG und stellvertretender Projektleiter.

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