Nicht nur die globalen Aktienmärkte erwischten einen positiven Start in das vierte Quartal, auch der Ölpreis legte am Dienstag dynamisch zu. „Dies hing vor allem mit den Gerüchten rund um das OPEC-Meeting zusammen, in dem eine Senkung des Produktionsziels um eine Million Barrel pro Tag zur Diskussion steht“, fasst Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, zusammen. „In den Augen der kritischen Marktbeobachter könnte also eine starke Kürzung zu einem weiteren Anstieg der Ölpreise führen, was die diesjährige Inflation verschärfen und den bestehenden wirtschaftlichen Gegenwind verstärken würde.“ Im Grunde ein Spiegelbild der Befürchtungen, die den Aktienmarkt bereits im gesamten Jahresverlauf auf Talfahrt geschickt hätten. An dieser Stelle lohne sich allerdings der Blick auf das übergeordnete Verhältnis von Angebot und Nachfrage und die Ölpreisentwicklung seit dem Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs.

Viel Bewegung
Im frühen Jahresverlauf 2022 habe der Ölpreis einen rapiden Anstieg im Vorfeld der russischen Invasion erlebt, um am 8. März seinen bisherigen Jahreshöchststand zu erreichen. Die Angst vor einer Angebotsverknappung sei jedoch im weiteren Verlauf der Gewissheit, dass das russische Öl andere Abnehmer finden und das weltweite Angebot widerstandsfähig sein wird, gewichen. „Aktuell bewegt sich der Ölpreis wieder auf einem sehr ähnlichen Niveau wie zu Jahresbeginn“, so Grüner. „Der kräftige Rückgang hat die Stimmung der Anleger und Konsumenten jedoch nicht besonders aufgehellt, denn die vorangegangenen hohen Ölpreise fließen immer noch in die Inflation mit ein.“ Dies zeige sich nicht nur durch höhere Kraftstoff- und Energiepreise im Jahresvergleich, sondern auch bei zahlreichen Konsumgütern, die petrochemische Rohstoffe enthielten. Die produzierende Wirtschaft habe in diesem Jahr einiges einstecken müssen, und nicht alle Unternehmen seien in der Lage gewesen, Preisrückgänge unmittelbar an ihre Kunden weiterzugeben.

Angebot und Nachfrage
„Es erscheint uns zudem etwas weit hergeholt, dass mögliche Produktionskürzungen einen unmittelbaren Ölpreisanstieg erzwingen“, erläutert Grüner. „Wie bei allen anderen Vermögenswerten richten sich die Ölpreise nach Angebot und Nachfrage.“ Das Angebot übersteige bereits seit einigen Monaten die Nachfrage, im September um etwa 1,3 Millionen Barrel am Tag – diese Differenz sei somit höher als die diskutierte Kürzung. Bemerkenswert sei zudem, dass das Angebot sukzessive angestiegen sei, obwohl die OPEC ihre Ziele chronisch verfehlt habe, im August um 3,6 Millionen Barrel pro Tag. „Eine Kürzung der Zielvorgabe ist in diesem Sinne keine Kürzung der tatsächlichen Produktion,“ so Grüner. „Sondern eine Annäherung der Zielvorgabe an die vorherrschende Realität. Insgesamt sollte bei diesen Diskussionen auch immer beachtet werden, dass die OPEC nicht mehr die Vormachtstellung besitzt, wie in den 1970er Jahren, lange bevor die US-Produktion im Rahmen des Schieferöl-Booms die Kräfteverhältnisse verschieben konnte.“ Die steigende Zahl der US-Bohrtürme deute darauf hin, dass eine tatsächliche OPEC-Produktionskürzung auf diesem Wege einfach ausgeglichen werden könne.

Fazit
„Unserer Ansicht nach ist der Ölpreis kein fundamentaler Treiber für den Aktienmarkt“, resümiert Grüner. „Beide Bereiche sind hochliquide, verarbeiten dieselben Informationen und sind kein Prognose-Tool füreinander.“ Allerdings habe der Ölpreis in diesem Jahr ebenso das Sentiment beeinflusst, so dass die schwindende Unsicherheit bei Öl wahrscheinlich auch den Aktienmärkten zu Gute kommen solle – sobald verstärkt in die Wahrnehmung rücke, dass Angebot und Nachfrage bei Öl trotz OPEC-Unruhen ungefähr im Gleichgewicht bleiben.

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Über die Grüner Fisher Investments GmbH

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