„Die Halbjahresbilanz des Handwerks 2022 fällt noch gut aus.“ Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg hat für das südbadische Handwerk einigermaßen gute Zahlen zu vermelden, blickt aber mit Sorge in die Zukunft. Und nicht nur er. Die Handwerksbetriebe im Kammerbezirk melden zwar noch ein ordentliches zweites Quartal 2022, schauen aber deutlich verunsichert in den Herbst. Der Konjunkturindikator der Kammer rutscht aufgrund dieser trüben Aussichten um zehn Punkte ab – von +39,3 Punkten im Vorjahr auf aktuell +29,3 Punkte. Die unsicheren Rahmenbedingungen sorgen zudem für eine gebremste Investitionsfreude.

„Es läuft noch einigermaßen“, fasst Ullrich die aktuellen Zahlen zusammen. In der vierteljährlichen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Freiburg meldeten 58,5 Prozent der befragten Betriebe für das zweite Quartal 2022 eine gute Geschäftslage. Nur 5,5 Prozent meldeten schlechte Werte.

Die einzelnen Handwerksbranchen gleichen sich dabei in ihren Lageeinschätzungen an – Bauhaupt- und Ausbaugewerke, die in den vergangenen Jahren deutliche Zugpferde waren, büßen Prozentpunkte ein, die Kfz-Branche und die Gesundheitsgewerke liegen nahezu gleichauf. Auch Dienstleister und Nahrungsmittel-Handwerke spüren die langanhaltenden negativen Corona-Auswirkungen immer weniger.

Allerdings werden die Aussichten auf die kommenden Monate von nahezu allen Branchen deutlich schlechter bewertet als noch vor einem Jahr. Nicht einmal jeder fünfte Befragte (19,6 Prozent) erwartet, dass sich die Geschäftslage verbessert. Der Prozentsatz derer, die eine Verschlechterung ihrer Geschäftsentwicklung erwarten, hat sich hingegen binnen Jahresfrist verdoppelt – von 5,3 Prozent Mitte 2021 zu aktuell 11,8 Prozent.

Spürbar getrübte Auftragserwartungen

„Die Verunsicherung unserer Betriebe steigt also spürbar an“, so Dr. Handirk von Ungern-Sternberg, Mitglied der Kammergeschäftsleitung. „Die Auftragslage der südbadischen Handwerksunternehmen hat sich bereits leicht eingetrübt.“ Ein Drittel der Betriebe (32,7 Prozent, Vorjahr: 44,9 Prozent) meldet gestiegene Auftragseingänge, bei 18 Prozent sind die Auftragseingänge gesunken (Vorjahr: 12,4 Prozent). Damit wird die Auftragslage im Vergleich mit dem Landesdurchschnitt im regionalen Handwerk schlechter beurteilt. Die Auslastung blieb bei den meisten Betrieben weiter auf hohem Niveau. Nur 16,1 Prozent der befragten Unternehmen meldeten nennenswerte Kapazitätsfreiräume, 42,8 Prozent meldeten Vollauslastung und 16,7 Prozent arbeiteten über ihrer eigentlichen Kapazitätsgrenze.

Spürbar eingetrübt haben sich die Auftragserwartungen. Nur 19,8 Prozent erwarten in den kommenden Monaten Auftragszuwächse (Vorjahr: 35,1 Prozent). Dagegen rechnen 21,9 Prozent der Betriebe mit sinkendem Auftragsaufkommen. Dieser Wert hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht – Mitte 2021 lag er bei 7,1 Prozent.

Umsätze und Preise steigen weiter

Die Umsätze im südbadischen Handwerk sind Mitte 2022 weiter gestiegen: 39,7 Prozent der Unternehmen meldeten im 2. Quartal 2022 ein Umsatzplus. Ein Umsatzminus meldeten 9,9 Prozent der Betriebe – nur halb so viele wie im Vorjahr.

„Allerdings haben auch die Einkaufspreise weiter angezogen“, berichtet von Ungern-Sternberg. „Und zwar weiterhin quer durch alle Gewerke.“ 93,4 Prozent aller Betriebe meldeten gestiegene Einkaufspreise. „Das schmälert den Gewinn natürlich spürbar.“ Sogar so stark, dass nach mehreren Monaten solcher Preissteigerungen auch immer mehr Betriebe diese Steigerungen weitergeben müssen. Fast zwei Drittel der befragten Betriebe (64,0 Prozent) gaben an, die Verkaufspreise erhöht zu haben.

Investitionen werden zurückgefahren

Die Unsicherheiten in den Märkten wirken sich mittlerweile auch negativ auf die Investitionsfreude der Handwerksbetriebe aus. Insgesamt nimmt die Investitionsbereitschaft im Handwerk ab. Nur 11,3 Prozent der Betriebe berichteten, dass sie ihr Investitionsbudget erhöht haben, 19,1 Prozent der befragten Unternehmen haben indes weniger investiert als zuvor.

„Die weltweit auftretenden, aktuellen Spannungsfelder – von Inflation über Energiepreise, Materialverfügbarkeit und Zinsen bis hin zur Gasproblematik – sorgen dafür, dass die kommende Entwicklung für unsere Betriebe äußerst schwer kalkulierbar ist“, erläutert Kammerpräsident Ullrich. „Verunsicherung tut der Wirtschaft nie gut.“

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