Die Zahl der Handwerksbetriebe stieg im vergangenen Jahr in der Region Stuttgart auf 29.335. Damit liegt das Plus gegenüber 2017 bei 1,1 Prozent.  „Der Trend ist Beweis für das perspektivische Denken vieler meist junger Handwerker, die als selbstständige Unternehmer in die Zukunft gehen wollen. Wir stellen aber auch eine gewisse Zurückhaltung fest, sich in zulassungspflichtigen Gewerken mit der entsprechenden Qualifikation selbstständig zu machen – deshalb gehen die sogenannten Meisterbetriebe immer mehr zurück“, erklärte Thomas Hoefling, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Besonders die meistergeführten Betriebe seien unternehmerisch besonders stabil und volkswirtschaftlich wichtig, weil neue Arbeitsplätze entstehen, ausgebildet wird, langfristige Steuereinnahmen für die Gemeinden zu erwarten sind und eine dauerhaft gute Versorgung der Bevölkerung gegeben ist.

Der Betriebsstatistik der Handwerkskammer zufolge sank die Zahl der zulassungspflichtigen Betriebe um 202. Den Rückgang um 1,1% haben allerdings die hohen Zugangszahlen im zulassungsfreien Bereich um 431 (Zuwachs 6,5%) und bei den handwerksähnlichen Betrieben um 83 (Zuwachs 1,1%) kompensiert. „Die Entwicklung, dass es immer weniger zulassungspflichtige Betriebe gibt, beobachten wir seit Jahren sehr kritisch. Unserer Erfahrung nach sinkt dadurch die Qualität im Handwerk, die Dequalifizierungsspirale dreht sich immer schneller“, sagt Kammerchef Hoefling. Zulassungspflichtig bedeutet, der Gründer muss den Meistertitel oder eine vergleichbare Qualifikation in seinem Handwerksberuf nachweisen, um sich selbstständig zu machen. Einen Grund für den erkennbaren Rückgang der Betriebe im Lebensmittel-Handwerk sieht die Handwerkskammer unter anderem im Konzentrationsprozess, von dem vor allem das Bäcker- und Fleischer-Handwerk stark betroffen sind: „Die kleineren Betriebe werden häufig von den größeren geschluckt. Da kauft dann eine Backkette die kleine Traditionsbäckerei auf oder der Metzger von nebenan macht zu, weil er mit den Preisen der Discounter nicht mithalten kann. Oder es fehlt der Nachfolger, der den Betrieb übernehmen kann und will.“

Mit einem ganzheitlichen Betriebsberatungsangebot versucht die Handwerksorganisation beizutragen, dass möglichst wenige Handwerksbetriebe schließen müssen. „Wir bringen Betriebsinhaber mit potentiellen Nachfolgern zusammen und helfen so mit, dass eine Übergabe klappen kann und der Betrieb bestehen bleibt. Für Existenzgründer bieten wir ein Startercenter mit einem Komplett-Angebot für junge Chefs. Das ist einer unserer wichtigen Beiträge für den Erhalt der Wirtschaftsstruktur in unseren Regionen“, erklärt Thomas Hoefling. Schätzungsweise über 5.000 Betriebe in der Region stehen mitten in oder kurz vor einer Betriebsübergabe. Hoefling: „Wenn uns dieser Übergabeprozess koordiniert in der Fläche gelingt, sichern wir Beschäftigung und die Lebensqualität. Wir reduzieren die Auswirkungen für den Kunden in Form von steigenden Preisen oder Lücken in der Nahversorgung.“

Bei den Betrieben aus dem zulassungsfreien Bereich nahm die Zahl von 2017 auf 2018 um insgesamt 431 Firmen zu, nur die Gruppen Metall/Elektro (-6) sowie Nahrung (-2) mussten Verluste hinnehmen, alle anderen Gruppen legten zu, am meisten die Gruppen der Gesundheit und Körperpflege mit einem Plus von 116 Betrieben. Die Zahl der handwerksähnlichen Betriebe nahm um 83 Betriebe zu, wobei es im Bau/Ausbau (-22) sowie im Bereich Bekleidung/Textil (-28) Verluste zu verzeichnen gab. Dies wurde durch ein deutliches Plus von 102 Betrieben bei Gesundheit/Körperpflege ausgeglichen.

Betriebsbestand 31.12.2018 (Veränderung in Anzahl/Prozent geg. 2017):

Landkreis Böblingen: 3.691 Betriebe (+ 63/+ 1,7%)
Landkreis Esslingen: 5.757 Betriebe (+ 30/+ 0,5%)
Landkreis Göppingen: 3.212 Betriebe (+96/+ 3,1%)
Landkreis Ludwigsburg: 5.642 Betriebe(- 7/- 0,1%)
Landkreis Rems-Murr: 5.299 Betriebe (- 30/- 0,6%)
Stadtkreis Stuttgart: 5.734 Betriebe (+ 160/+ 2,9%)
Gesamt: 29.335 Betriebe (+ 312/+ 1,1 %)

Information: Die Handwerksordnung (HwO) regelt, welche Berufe zum Handwerk gehören und unterscheidet zwischen zulassungspflichtigen, zulassungsfreien und handwerksähnlichen Gewerben. So definiert die Anlage A der HwO 41 Handwerks-Berufe, bei denen eine Meisterprüfung oder eine vergleichbare Qualifikation die Voraussetzung für eine Selbstständigkeit ist. Dazu zählen zum Beispiel Maurer, Kraftfahrzeugtechniker, Bäcker, Metzger, Klempner, Steinmetze und Elektrotechniker. Wer ein zulassungspflichtiges Gewerbe betreibt, muss sich in die Handwerksrolle, dem Verzeichnis der zuständigen Kammer, eintragen lassen.

Die Anlage B1 erfasst hingegen 53 zulassungsfreie Berufe, die keine Qualifikation bei der Selbständigkeit erfordern. Die sind u.a. Fotografen, Uhrmacher, Parkettleger sowie Fliesen-, Platten- und Mosaikleger. Anlage B2 listet 57 handwerksähnliche Gewerbe auf: Das sind zum Beispiele Berufe wie Bodenleger, Rohr- und Kanalreiniger ebenso wie Speiseeis-Hersteller, Änderungsschneider und Kabelverleger im Hochbau.

Die detaillierte Betriebsstatistik steht online unter  www.hwk-stuttgart.de/statistik

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