Die Digitalisierung bietet ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Amazon, Google, Facebook und Co. spielen dabei eine immer größere Rolle. Der Wettbewerb bleibt dabei möglicherweise auf der Strecke. „Die Digitalisierung bietet unseren Unternehmen vielfältige Chancen, gerade auch in der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Wir müssen aber darauf achten, dass alle Akteure die gleiche Chance haben, ihre Idee im Markt umzusetzen. Dafür sind faire und angemessene Rahmenbedingungen die Grundvoraussetzung. Dabei geht es nicht zwingend um eine stärkere Regulierung digitaler Plattformen, sondern auch um die Überprüfung des Rechtsrahmens für traditionelle Unternehmen und gegebenenfalls die Abschaffung nicht mehr zeitgemäßer Vorschriften,“, so Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.  Hierzu hat die fpmi ein Gutachten in Auftrag gegeben. Erste Thesen daraus stellte der Gutachter Prof. Dr. Rupprecht Podszun schon vorab in seinem Vortrag „Innovation, Vielfalt und Wahlfreiheit: Neue Regeln für die Marktplätze der digitalen Wirtschaft“ in der Börse München vor. Prof. Podszun ist Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

Die Vorteile der Digitalisierung sind eindeutig: die Transaktionskosten können deutlich verringert und Nutzen für den Endverbraucher geschaffen werden – wer will gerade in der Vorweihnachtszeit auf praktische und schnelle Bestellungen via Internet verzichten? Start-ups entwickeln stetig neue Geschäftsmodelle, die Märkte disruptiv verändern. Allerdings gibt es erste Anzeichen dafür, dass marktwirtschaftliche Spielregeln, notwendig für Innovationen, Vielfalt und Wahlmöglichkeiten der Kunden, teilweise ausgehebelt werden. Wie kann die Politik angesichts weiter wachsender Marktmacht von Amazon, Facebook und Alphabet (Google) oder aufstrebenden Konzernen aus China wie Alibaba oder Tencent für ein faires Wettbewerbsumfeld sorgen? Dieser Frage stellte sich Prof. Dr. Rupprecht Podszun im Auftrag der fpmi.

Seine Analyse zeigt: Europa hat sich zwar zu einem starken Nutzer digitaler Plattformen entwickelt, europäische Plattformbetreiber machten jedoch nur einen einstelligen Prozentsatz der Marktkapitalisierung des Gesamtmarktes aus. Die Eigendynamik der großen Player führt dazu, dass Unternehmen ihre „Kundenschnittstellen“ verlieren. Es geht damit nicht mehr um den Wettbewerb um den Kunden selbst, sondern um die Platzierung auf der Plattform. Und hier profitiert derjenige Anbieter von Waren oder Dienstleistungen, der dem Betreiber der Plattform den höchsten Nutzen bietet und nicht etwa derjenige mit dem besten Nutzen für den Verbraucher.

Prof. Podszun setzt sich deshalb mit Nachdruck dafür ein,

  • dass Reformen des Wettbewerbsrechts, wie z. B. eine Abkehr von der traditionellen Definition des relevanten Marktes, von der EU sorgfältig geprüft werden;
  • dass klare rechtliche Rahmenbedingungen für die Governance und Aufsicht von Plattformen geschaffen werden. Sie sollten den Prinzipien der Neutralität, Interoperabilität und Verantwortung gehorchen;
  • dass die Maßnahmen der EU-Kommission zur Errichtung eines liberalen Datenmarktes mit fairem Zugang und freiem Fluss der Daten nur bei gleichzeitiger Wahrung von Investitionsschutz und Geschäftsgeheimnissen umgesetzt wird;
  • dass es kein Ausschließlichkeitsrecht an Daten jenseits von geltendem Vertragsrecht und Datenbankschutz gibt.

Daneben bleibt – so der eindringliche Apell von Prof. Podszun – die Aufklärung der Konsumenten unerlässlich. Sie müssen sich bewusst werden: Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Vergleichsportale und Assistenzsysteme produzieren keine objektiven oder neutralen Resultate, sondern die für sie optimalsten – sprich einträglichsten – Ergebnisse. „Digitale Plattformen sind die Herren der Algorithmen und beeinflussen unsere Entscheidungen damit maßgeblich; ihre Bequemlichkeit wird für Konsumenten teuer.“, so der Gutachter.

Zum Schluss forderte er die Gesetzgeber in Brüssel und Berlin dazu auf, dass generell Regeln technikfreundlich ausgestaltet sein sollen. Nur so können sie Wachstum und neue Ideen fördern.

Über Finanzplatz München Initiative

Bayern mit seinem Zentrum München ist einer der bedeutendsten Finanzplätze Europas, der größte Versicherungsplatz Deutschlands, der zweitgrößte deutsche Bankenstandort und führend für Private Equity, Venture Capital, Leasing sowie Asset Management. In der Finanzplatz München Initiative haben sich alle wichtigen Unternehmen, Verbände, Institutionen sowie wissenschaftliche und staatliche Einrichtungen aus der Finanzbranche zusammengeschlossen, um mit einer Stimme zu sprechen. Gegründet 2000 unter maßgeblichem Engagement des bayerischen Wirtschaftsministeriums zählt die Initiative heute fünfzig Mitglieder und damit mehr als jede andere Finanzplatzinitiative in Deutschland.

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